Häufig gestellte Fragen
Zu den Essstörungen im medizinischen Sinne und gemäss der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10 Kapitel V (F))zählen die Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating. Auffälliges oder einseitiges Essverhalten wie z.B. vegane Ernährung, Orthorexie oder Dauerdiäten werden nicht automatisch als Krankheit angesehen. Ein Ernährungsstil gilt dann als Krankheit, wenn laut ICD (ICD-10, 2015) folgende Kriterien erfüllt sind: auffälliges Gewicht, übermässige Bedeutung von und gedankliche Beschäftigung mit Gewicht, Figur und Körper, gegenregulatorische Massnahmen, um dem dickmachenden Effekt entgegen zu wirken, verzerrte Wahrnehmung von Gewicht oder Figur, körperliche Folgeerkrankungen oder Mangelzustände aufgrund von Fehl- oder Mangelernährung, subjektiver Leidensdruck und/oder Funktionseinbussen im Alltag.
Die Frühwarnzeichen einer Essstörung können individuell unterschiedlich sein. Lange Zeit verlaufen Essstörungen im Verborgenen und werden für die Umgebung erst bei einer körperlichen Veränderung wie Gewichtsabnahme oder-zunahme sichtbar.
Folgende Fragen können auf eine Essstörung hinweisen:
Sind Sie mit Ihrem Essverhalten zufrieden?
Ein Suchtverhalten liegt gemäss der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) dann vor, wenn drei oder mehr der folgenden Kriterien zutreffen:
Essstörungen gehören als medizinische Diagnose offiziell nicht zu der Gruppe der Abhängigkeitserkrankungen, obwohl bestimmte Verhaltensweisen diesen Kriterien durchaus ähneln. Nahrungsmittel an und für sich haben keinen direkten Einfluss auf das zentrale Nervensystem und das Bewusstsein. Ebensowenig stellt sich eine körperliche Abhängigkeit mit Entzugserscheinungen ein. Aktuelle Forschungsergebnisse weisen jedoch bei Essstörungen auf bestimmte neurobiologische Prozesse im Bereich des Belohnungssystems hin, die denen von Abhängigkeitserkrankung sehr ähnlich sind.
Die Universität Zürich hat im Auftrag des BAG eine Studie veröffentlicht, welche die Essstörungen in der Schweizer Bevölkerung analysiert. Die Lebenszeit-Prävalenzraten (Häufigkeit, mit der eine Krankheit mind. einmal im Leben auftritt) von Anorexie, Bulimie und Binge-Eating beträgt 1.2%, 2.4% und 2.4% bei Frauen, sowie 0.2%, 0.9% und 0.7% bei Männern. Betroffen sind davon tendenziell eher Personen unter 40 Jahren. Im Laufe eines Jahres erkranken der Studie zufolge (12-Monats-Prävalenz) in der Schweiz 0.07%, 0.56% und 0.87% Frauen an Anorexie, Bulimie und Binge-Eating Störung sowie 0.03%, 0.45% und 0.28% Männer.
Bei Männern kommen Anorexia und Bulimia nervosa deutlich seltener vor als bei Frauen. Hingegen tritt die Binge-Eating-Störung bei Männern fast genauso häufig auf wie bei Frauen. Essstörungstypische Ängste haben bei Männern weniger mit Gewicht und Schönheit (kosmetische Gründe) zu tun als mit Sportlichkeit und Muskelmasse (athletische Gründe). Sowohl bei Männern wie bei Frauen liegt dabei eine gestörte Körperwahrnehmung und ein verzerrtes Körperideal vor. Entspricht der eigene Körper nicht den Idealvorstellungen hinsichtlich Körperfett, Gewicht oder Muskularität entwickelt sich eine starke Unzufriedenheit, die bei Männern, anders als bei Frauen, nicht zum Hungern sondern eher zu exzessiver sportlicher Betätigung führt. Essanfälle scheinen bei Männern gesellschaftlich akzeptierter zu sein und werden somit weniger häufig als Binge-Eating-Störung identifiziert.
Die Ursachen sind in der Regel vielfältig und bei jeder betroffenen Person anders. Daher spricht man von einer „multifaktoriellen“ Entstehung. Einerseits liegen genetische und/oder biologische Sensibilitäten vor, welche z.B. eine körperdysmorphe Störung (verzerrte Wahrnehmung eigener Körperteile) begünstigen und somit die Entwicklung einer Essstörung fördern; anderseits beeinflussen biographische Erlebnisse wie Peer- oder Sporterfahrungen, Schönheitsideale der Gesellschaft, familiäre Belastungen etc. die eigene Haltung zu Körper und Gewicht. Das Erreichen eines bestimmten Körperideals kann ein Versuch sein, ein labiles Selbstwertgefühl zu stabilisieren, unangenehme Gefühle zu bewältigen („nach einem Essanfall fühle ich mich kurzfristig entlastet“), Freiheiten („das Essen ist das einzige, was ich alleine bestimme“) oder emotionale Bindung („Die Bulimie ist meine Freundin“) zu erreichen.
Essstörungen sind Erkrankungen der modernen westlichen Industriegesellschaften, auch wenn ein asketisches Ideal oder Fälle von Magersucht bereits im 19. Jahrhundert auftreten. Das in den Medien ständig präsente gesellschaftliche Idealbild einer perfekten und überaus schlanken Frau trägt mit dazu bei, dass Essstörungen wie die Magersucht an Häufigkeit zunehmen. So sind bereits Schulkinder und Jugendliche zunehmend unzufrieden mit ihrem Körper, der eigenen Figur oder dem Gewicht. Eine Untersuchung der WHO bei 16-17- jährigen Jugendlichen aus 39 Ländern (2012) zeigte, dass obwohl die meisten mit ihrem Gewicht im Normbereich lagen, nahezu die Hälfte, insbesondere Mädchen, angaben, sich zu dick zu fühlen. Aufsehen erregten die Ergebnisse der Germany's Next Topmodel-Studie des Bundesfachverband Essstörungen (GNTP-Studie, 2015), die anhand von 241 jungen Teilnehmerinnen den Einfluss von schönheitsassoziierten Medien untersuchte. Im Alter von 16 Jahren gaben bis zu 92% der Jugendlichen an, regelmässig die Sendungen im Fernsehen zu verfolgen. Diejenigen, welche die Sendung regelmässig anschauen, gaben signifikant häufiger an, sich zu dick zu fühlen als andere. Die kritische Haltung gegenüber dem Körper wird nicht nur durch das Ansehen von Sendungen wie GTNP gefördert, sondern auch durch das Reden über die Sendung auf dem Schulhof oder mit der Mutter. In einer kritischen Phase der Identitätsentwicklung sind Kinder und Jugendliche besonders empfänglich für wertende Peer-Kommentare.
Die in den Medien gezeigten Bilder von Models sind meist digital optimiert und transportieren ein Ideal, das Schönheit mit übermässiger Schlankheit gleichsetzt. Wenn Prominente vorleben, dass dieses Schönheitsideal in jedem Lebensalter und in jeder Lebensphase möglich ist, geraten dadurch auch Schwangere oder Frauen vor oder während der Menopause zunehmend unter Druck. Der Widerspruch zwischen dem eigenen Körper und dem propagierten Ideal trägt zur Entwicklung von Essstörungen bei, selbst wenn weitere Faktoren wie Perfektionismus, ein niedriges Selbstwertgefühl oder Schwierigkeiten im Umgang mit negativen Gefühlen auslösend sind.
Das Risiko einer Essstörung erhöht sich nicht automatisch durch das Einhalten von Diäten wie Metabolic Balance oder anderen. Längerfristiges oder zwanghaftes Diätverhalten stellt jedoch eine körperliche Belastung dar und kann in Kombination mit weiteren Risikofaktoren ein gestörtes Essverhalten auslösen.
Die frühzeitige Behandlung einer Essstörung ist entscheidend für den weiteren Verlauf. Erste Anlaufstelle können Beratungs- und Fachstellen, die Hausärztin oder ein Psychotherapeut sein. Kontaktadressen finden Sie unter ADRESSEN. Gerne können Sie sich über unser Kontaktformular auch direkt an ENES wenden, um weitere Informationen und Angaben zu erhalten.
Betroffene des Night-Eating-Syndroms (NES) leiden unter einem starken Verlangen nach Nahrungsaufnahme nach dem Abendessen oder in der Nacht verbunden mit einem Gefühl von Kontrollverlust., Sie verzehren dabei grosse Mengen in kurzer Zeit. NES wird definiert als eine Nahrungsaufnahme von mehr als 25% nach dem Abendessen und/oder in der Nacht während zwei Episoden pro Woche für mindestens drei Monate. Am Morgen verspüren die Betroffenen häufig keinen Hunger, während des Tages essen sie gezügelt aufgrund der Angst vor Gewichtszunahme. In der Folge werden circadianer Rhythmus und Schlafstruktur gestört, so dass es zu unregelmässigen Ess- und Schlafgewohnheiten kommt sowie Tagesmüdigkeit. Stress kann dabei Auslöser oder Folge der nächtlichen Essanfälle sein; Studien zeigen ein hohes Level an Stresshormonen. Das nächtliche Essen wird dabei als beruhigende Strategie oder Einschlafhilfe angesehen. Das Erstmanifestationsalter ist etwa zwischen 20 und 30 Jahren, wobei 60% der Betroffenen Frauen sind. Das NES wird als medizinische Diagnose neu diskutiert und es gibt bereits eine Reihe von wissenschaftlichen Studien, welche die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten erforschen. Das NES wird als Essstörung kategorisiert, nicht als Schlafstörung, weil das Verlangen nach Nahrung als Kardinalkriterium angesehen werden darf.
Das Risiko, eine Essstörung zu entwickeln erhöht sich grundsätzlich durch das Einhalten einer Diät wie Metabolic Balance oder anderen. Längerfristiges oder zwanghaftes Diätverhalten stellt jedoch eine körperliche Belastung dar und kann in Kombination mit weiteren Risikofaktoren ein gestörtes Essverhalten auslösen.